Erscheinungsjahr: 2010 WER 6576 2 Bestellen
1-5 Fiktive Tänze
6-7 Monströses Lied
8-10 Terzenseele
11-12 Anklang
13 direkt entrückt
Musik ist nicht die Addition von Klängen, sondern die - individuelle, dramaturgisch zwingende, den Hörer fesselnde - Gestaltung von Zeit. Arnulf Herrmanns Kompositionen folgen dieser Maxime: Abseits konventioneller Formmodelle entfalten sie sich als vielschichtige, mehrdimensionale Prozessformationen, deren einzelne Verläufe gleich Handlungssträngen miteinander verwoben sind. Und so, wie jede Handlung Handelnde, wie jeder Plot Charaktere braucht, so beruhen auch die musikalischen Vorgänge bei Arnulf Herrmann auf präzise umrissenen Gestalten. Was diesen widerfährt, lässt sich am ehesten in physikalische Metaphern fassen: Sie werden verformt und verbogen, sie zersplittern und implodieren, kurz: Sie erscheinen als Körper, auf die eine Kraft einwirkt, welche sich dadurch gleichsam materialisiert und somit erfahrbar wird.
Mit dieser übergeordneten Konstellation von prägnanter Gestalt, auf sie einwirkender Energie und daraus resultierendem Prozess ist ein erster Aspekt der musikalischen Phantasie Arnulf Herrmanns umschrieben: Sie imaginiert ihre Gegenstände nicht als plane Struktur, sondern als komplexe Körper. Entscheidender aber ist, dass die Gestalten darüber hinaus in ein Geflecht von Beziehungen eingespannt sind, in eine Grammatik, die sämtliche Größenordnungen - von der Gesamtform bis hinunter zu den kleinsten Verästelungen der Detaildisposition - umgreift. Dadurch konstituiert sich ein mehrdimensionaler kompositorischer Raum, in dem das gerade erklingende Einzelereignis und der übergeordnete Verlauf durchgängig aufeinander bezogen sind: Jede kompositorische Entscheidung hat Konsequenzen auf jeder Ebene des Satzes. Und es ist dieses Zusammenspiel von unmittelbarer Physis der Klänge und ihrer Einbettung in übergeordnete Zusammenhänge, das den Werken ihre besondere Präsenz und Plastizität verleiht. Dem Komponisten liegt mithin nichts an der Ausstellung von Objekten, er schafft keine klanglichen Stillleben. Sein Interesse richtet sich vielmehr auf die Interaktion von Detail und Ganzem, auf die Vielzahl der Konsequenzen, die sich in jedem Moment aus einer gegebenen Anordnung ziehen lassen. Markus BöggemannArnulf Herrmann, 1968 in Heidelberg geboren, studierte zunächst in München Klavier bei Gernot Sieber, anschließend Komposition bei Wilfried Krätzschmar und Klavier bei Arkadi Zenzipér an der Musik hochschule Dresden. Von 1995 bis 1996 war er am Pariser Conservatoire Schüler von Gérard Grisey und Emanuel Nunes, ehe er seine Ausbildung in Berlin bei Hartmut Fladt und Jörg Mainka (Musiktheorie) sowie bei Friedrich Goldmann, Gösta Neuwirth und Hanspeter Kyburz abschloss. 1999/2000 nahm er im Rahmen eines DAAD-Postgraduiertenstipendiums an dem einjährigen Kurs Komposition und neue Technologien des Pariser IRCAM teil.
Arnulf Herrmann verbindet eine enge Zusammenarbeit mit einigen der führenden internationalen Ensembles für zeitgenössische Musik, so mit dem Ensemble Intercontemporain (dessen alle zwei Jahre durchgeführtes Comité de Lecture er 2005 gewann), dem Klangforum Wien und besonders mit dem Ensemble Modern. Seine Stücke werden im In- und Ausland gespielt und sind auf Festivals wie z.B. den Donaueschinger Musiktagen, den Wittener Tagen für neue Kammermusik, Wien Modern, Ultraschall Berlin, dem Eclat Festival Stuttgart und Musica Straßburg präsent.
Für seine Musik erhielt Herrmann verschiedene Preise und Auszeichnungen, u.a. den Hanns Eisler Preis für Komposition (2001), den Kompositionspreis der Landes hauptstadt Stuttgart (2003) und den International Rostrum of Composers (für Terzenseele, 2006). 2008 wurde ihm der Förderpreis Musik des Kunstpreises Berlin verliehen. Ebenfalls 2008 war Arnulf Herrmann Stipendiat der Villa Massimo in Rom. 2010 erhielt er den Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung. Arnulf Herrmann ist Dozent für Komposition, Analyse und Instrumentation an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin.
www.arnulfherrmann.com
(Stand: 2010)
Fiktive Tänze (2008)
Erster Band
1 Gerader Tanz
2 Verlangsamter Tanz
3 Kurzer Rausch
4 Auszeit
5 Schwieriger Tanz
Ensemble Modern
Leitung: Franck Ollu
Monströses Lied (2007)
für Soloklarinette, kleines Ensemble und Elektronik
6 I
7 II
Nina Janßen, Klarinette
Ensemble Modern
Leitung: Johannes Kalitzke
Terzenseele (2005)
8 Fantasie und Erosion
9 Traumsequenz
10 Variation
Ensemble Modern
Leitung: Franck Ollu
Anklang (2004)
für zwei Keyboards und Ensemble
11 I
12 II
Hermann Kretzschmar, Jürgen Kruse, Keyboard
Ensemble Modern
Leitung: Franck Ollu
13 direkt entrückt (2003)
Ensemble Modern
Leitung: Franck Ollu
Alle Stücke sind Neueinspielungen des Ensemble Modern für die vorliegende Produktion