Erscheinungsjahr: 2006 WER 6562 2 Bestellen
1-6 Versatzstücke
7 Kommen und Gehen
8 Rekurs
9 Fallstudien
Die Logik der Pointe
Orm Finnendahl ist kein musikalischer Humorist. Aber seinen Werken liegen häufig Pointen-ähnliche Wendungen zugrunde, die den Hörer dort überraschen, wo er sich in Sicherheit wähnte. Finnendahl entwirft seine Werke mit Verfahren logischer Rekursionen, infolge wiederholter Anwendung einfacher Regeln. Dadurch setzt er zunächst in sich stimmige und nachvollziehbare Prozesse in Gang, die er aber mit Bruchstellen und Fallstricken versieht. In die Muster und Raster schleichen sich Webfehler und Differenzen ein, die nicht nur als ästhetische Irritationen verständlich werden, sondern dramatische Entwicklungen zeitigen. Wenn die drei Musiker in Rekurs ihr Spiel auf Tonband festhalten und dann ihre eigenen Aufnahmen begleiten, verstricken sie sich bald in einem Netz der Vermeintlichkeiten: zwischen Präsenz und Abwesenheit, zwischen Gegenwart und Vergangenem, und zwischen Ursache und Wirkung. Das Tonband spielt als Medium eine zentrale Rolle in den hier eingespielten Werken, sofern es den Widerspruch zwischen technischem Fortschritt und ästhetischem Stillstand (der fixierten Schallaufzeichnung) versinnbildlicht, ein Widerspruch, den Finnendahl musikalisch exponiert und aufhebt. In Kommen und Gehen verschwindet die Violine allmählich hinter ihrer Reproduktion, um ihren eigenen Klang nur noch hier und da um Nuancen zu bereichern. Und am Ende der Versatzstücke, dem jüngsten der hier versammelten Werke, steht schließlich nur noch das Rauschen der Stille, hinter dem der Pianist, der sich zuvor in einer brachialen Kadenz aufgebäumt hatte, vollständig zurücktritt.
Björn Gottstein
1963 | in Düsseldorf geboren |
1983-90 | Kompositions- und Musikwissenschaftsstudium bei Frank Michael Beyer, Gösta Neuwirth und Carl Dahlhaus in Berlin |
1995-98 | weiterführende Studien bei Helmut Lachenmann in Stuttgart |
1988/89 | Besuch des California Institute of the Arts in Los Angeles |
1991-95 | Künstlerische Leitung der Kreuzberger Klangwerkstatt |
1993-94 | Lehraufträge am elektronischen Studio der Technischen Universität in Berlin |
1996-2001 | Leiter des Instituts für Neue Musik der Hochschule der Künste in Berlin |
2000-04 | Lehrtätigkeit am Institut für Computermusik und elektronische Medien (ICEM) der Folkwang-Hochschule in Essen |
seit 2004 | Professur für elektronische Komposition und Leitung des Studios für elektronische Musik an der Musikhochschule Freiburg |
Verschiedene Stipendien und Preise, darunter: Gaudeamus Wettbewerb 1988; Kompositionsstipendium des Berliner Senats 1991 und 1995; deutscher Teilnehmer des Rostrum of Composers in Paris 1992; Stipendium der Heinrich-Strobel-Stiftung des Südwestfunks in Freiburg 1994 und 1997; ausgewählt für das Forum junger Komponisten der GNM und des Ensemble Modern 1996; Aufenthaltsstipendium der Stiftung Kulturfonds auf Schloss Wiepersdorf 1996; Kompositionspreis der Landeshauptstadt Stuttgart 1997; Busoni-Preis der Akademie der Künste Berlin 1999, Prix Ars Electronica Linz 2001 und CynetArt Award 2001 in Dresden. |
Versatzstücke (1999-2005)
für Klavier Solo und 6-Kanal Zuspielung
1 Vorspiel
2 Satz 1
3 Satz 2
4 Satz 3
5 Satz 4
6 Satz 5
Benjamin Kobler, Klavier
7 Kommen und Gehen (2000)
für Violine Solo und 8-Kanal Zuspielung
7.1 Vorspiel
7.2 Teil 1
7.3 Teil 2
7.4 Teil 3
7.5 Teil 4
7.6 Teil 5
Mirijam Contzen, Violine
8 Rekurs (1997/98)
für Altsaxofon, Schlagzeug, Klavier und Aufnahmegeräte
8.1 1. Durchlauf Takt 1
8.2 1. Durchlauf Takt 15/2
8.3 1. Durchlauf Takt 40
8.4 2. Durchlauf Takt 1
8.5 2. Durchlauf Takt 15/2
8.6 2. Durchlauf Takt 38
8.7 3. Durchlauf Takt 1
8.8 3. Durchlauf Takt 15/2
8.9 3. Durchlauf Takt 38
Sascha Armbruster, Altsaxofon
Pascal Pons, Schlagzeug
Benjamin Kobler, Klavier
9 Fallstudien
für Kammerensemble (1993)
9.1 Takt 1
9.2 Takt 26
9.3 Takt 59/2
9.4 Takt 131
9.5 Takt 232
9.6 Takt 297/2
Ensemble Mosaik
Leitung: Enno Poppe