In Farzia Fallahs Musik sind alle Ohren auf den Klang gerichtet. Er ist sowohl Kern als auch Hülle jedes akustischen Prozesses, ist dessen Anfang und Ende. Aus diesem konsequenten Ansatz entwickelt die im Iran geborene Komponistin unterschiedliche, meist filigrane Strukturen und Formen. Darin spiegelt sich Fallahs Idee einer Musik, die durch den Klang spricht, sich aber wiederum schwer verbalisieren lässt, wie sie im Booklettext selbst erläutert: „Kunst ist für mich eine Art von Reflexion, aber es ist schwierig, wörtlich über den Inhalt zu sprechen. Ich glaube, dass bei jedem Kunstwerk ein Inhalt vorhanden ist, aber sprachlich können wir uns diesem durch Analyse und Beschreibung nur annähern. Es bleibt immer ein Abstand.“
Auf ihrer Klangsuche greift Fallah im Rahmen des CD-Porträts auf verschiedene Besetzungen zurück: Es beginnt mit Bendedikt Bindewalds vielschichtigem Violinspiel in "… und dann befreit …?", um das Instrumentarium im Verlauf des Albums schrittweise zu erweitern. Neben Tobias Klichs und Henrik Dewes‘ Gitarren "in täglicher Blick auf den Alborz" kommen ein Trio des Ensemble S201 ("Ausgedehnter Augenblick", nur online), das Sonar Quartett ("Holz-Haar-Atem-Licht"), das sechsköpfige Ensemble DEHIO ("im selben Augenblick") sowie das Ensemble Aventure als Nonett ("Unter Bewunderung der Farben") zu Wort.
Farzia Fallah, geboren 1980 in Teheran/Iran, wohnt als freischaffende Komponistin in Köln und arbeitet international mit verschiedenen Musiker:innen, Ensembles und Orchestern zusammen.
Nach einem Ingenieurstudium an der Scharif-Universität für Technologie in Teheran widmete sie sich der Musik. Ihren Weg dahin prägten ihre Klavierlehrerin Farimah Ghavamsadri und Alireza Mashayekhi, der sie zum Komponieren ermutigte. Younghi Pagh-Paan war die nächste Wegweiserin für sie, als sie zum Studium von Teheran nach Bremen übersiedelte. Nach deren Emeritierung setzte Fallah ihr Kompositionsstudium bei Jörg Birkenkötter und anschließend
bei Johannes Schöllhorn in Köln und Freiburg fort. Von beiden erhielt sie ebenfalls wichtige musikalische Impulse.
Im Mittelpunkt von Fallahs Schaffen stehen die Klang- und Zeitgestaltung. Sie setzt sich mit jedem einzelnen Instrument und seinen Klangmöglichkeiten auseinander und schätzt besonders den Austausch mit den Interpret:innen. Sie engagiert sich in der freien Szene und pflegt auch den Kontakt zur zeitgenössischen Musikszene im Iran, wo sie nach Möglichkeit die junge Generation unterstützt.
Fallahs künstlerischer Weg wurde durch verschiedene Preise und Stipendien gefördert.
www.farziafallah.com
1 ... und dann befreit ...? (2009/10) 11:13
für Violine solo
Benedikt Bindewald, Violine
2 täglicher Blick auf den Alborz (2020) 15:39
für zwei Gitarren
Gitarrenduo Henrik Dewes + Tobias Klich
3 Holz-Haar-Atem-Licht (2021) 15:28
für Streichquartett
Sonar Quartett: Susanne Zapf, Violine · Wojciech Garbowski, Violine · Ian Anderson, Viola · Konstantin Manaev, Violoncello
4 im selben Augenblick (2018) 15:14
für Sopransaxofon, Bassklarinette, Posaune, Harfe, Schlagzeug und Kontrabass
Ensemble DEHIO: Xavier Larsson, Sopransaxofon · Kyusang Jeong, Bassklarinette · Yoshiki Matsuura, Posaune · Mirjam Schröder, Harfe · Ramón Gardella, Schlagzeug · Constantin Herzog, Kontrabass
Leitung: Rie Watanabe
5 Unter Bewunderung der Farben (2028/19) 14:07
für Ensemble
Ensemble Aventure: Tatiana Timonina, Flöte · Andrea Nagy, Klarinette · Wolfgang Rüdiger, Fagott · Nicholas Reed, Schlagzeug · Akiko Okabe, Klavier · Friedemann Treiber, Violine · Mirka Šćepanović, Viola · Ellen Fallowfield, Violoncello · Johannes Nied, Kontrabass
Ausgedehnter Augenblick (2018) 14:17
für Bassklarinette, Violoncello, Akkordeon und Video
Ensemble S201: Heni HyunJung Kim, Bassklarinette · Robert Wheatley, Violoncello · Filip Eraković, Akkordeon
Video: Hassan Sheidaei