Erscheinungsjahr: 2023   WER 6439 2

Genoël von Lilienstern

Dass Genoël von Liliensterns Kindheit in die 1980er-Jahre fällt, beweist seine Porträt-CD auf vielfache Weise: Einerseits sind es Synthesizer wie das Yamaha DX7, die Ästhetik und Klang seiner Werke prägen, andererseits steht das Radio als damaliger Lieferant für unzählige Mixtapes mal direkt, mal versteckter im Fokus. Auf deren besondere Qualität bezieht sich Booklet-Autor Julian Kämper, wenn er von Liliensterns Rekurs auf popkulturelle Artefakte und Praktiken der Achtziger beschreibt: „Durch neue Produktionsbedingungen jener Dekade wurde ein Sound optimiert und neu geprägt, der, so von Lilienstern, „nicht verrottet“ und durch die alltägliche Dauerberieselung in Radio, TV, Internet oder Kaufhäusern bis heute omnipräsent sei.“

So nutzt der Berliner Komponist beispielsweise in Voz Comercial Transkriptionen von Radiowerbung aus Mexico und Peru, in Big Picture dient wiederum eine einstündige Aufnahme weltweiter Internet-Radiostationen als Ausgangsmaterial. In beiden Werken nimmt der Gesang von Johanna Vargas beziehungsweise Soetkin Elbers eine zentrale Rolle ein und ruft im Zusammenspiel mit dem Ensemble Garage ein zwischen exzessiver Konsumgesellschaft und akustischer Reflexion changierendes Bild hervor. Bei den zwei anderen Stücken der Porträt-CD – Couture und Top – dominieren die Synthesizer: Dabei setzt von Lilienstern diese als Klangerzeuger einer vergangenen Zeit ein. Im Falle von Couture mischen sich diese mit dem SWR Symphonieorchester, so dass die einzelnen musikalischen Quellen teilweise nicht mehr auszumachen sind.

Genoël von Lilienstern wurde 1979 in Monschau/Deutschland geboren. Er studierte Komposition bei Younghi Pagh-Paan und Hanspeter Kyburz. Am Königlichen Konservatorium Den Haag studierte er Sonologie, u.a. bei Klarenz Barlow. Er komponiert instrumentale und elektronische Musik sowie Musiktheater, arbeitet an Installationen und anderen genreübergreifenden Formaten. 2008/09 war er Stipendiat der Internationalen Ensemble Modern Akademie, 2011 erhielt er die Tokyo Wonder Site Residency und 2012 den Gargonza Arts Award auf Vorschlag von Peter Eötvös. 2012–14 war von Lilienstern Stipendiat der Graduiertenschule der Universität der Künste Berlin, 2013/14 der Cité internationale des Arts Paris und 2017 der Villa Aurora Los Angeles. Er ist Mitbegründer der Gruppe KTONAL für künstliche Intelligenz und Klanggenerierung. An der HfMT Hamburg promoviert er über das Komponieren mit neuronalen Netzen. Zu den Interpret*innen und Auftraggeber*innen seiner Werke gehören das Ensemble Intercontemporain, Ensemble Modern, SWR Symphonieorchester, Gürzenich-Orchester, Neue Vocalsolisten Stuttgart, Ensemble Contrechamps, ensemble recherche, Ensemble Garage, Mivos Quartet, Ensemble Adapter, Hezarfen Ensemble und Ensemble United Instruments of Lucilin. Seine Werke erklingen u.a. beim Festival Ultraschall Berlin, MaerzMusik, ECLAT, Münchener Biennale, Oper Köln, Staatstheater Kassel, Festival Mars Los Angeles, QuBit New York, Tokyo Experimental Festival und dem Avanti! Helsinki, dirigiert u.a. von Alejo Pérez, Enno Poppe, Robert HP Platz, Ilan Volkov und Mariano Chiacchiarini.

www.lilienstern.net

CD

1 Voz Comercial (2017) 6:10
für Sängerin und Ensemble

Johanna Vargas, Gesang
Ensemble Garage: Andrea Nagy, Klarinette · Frank Riedel, Tenorsaxofon · Yuka Ohta, Schlagzeug · Małgorzata Walentynowicz, Klavier/Samples · Akiko Ahrendt, Violine · Annegret Mayer-Lindenberg, Viola ·
Eva Boesch, Violoncello · Konstantin Herzog, Kontrabass
Leitung: Mariano Chiacchiarini

Auftragswerk des Rainy Days Festivals, Luxemburg
 

2 Couture (2014) 18:40
für zwei Synthesizersolisten und Orchester
Benjamin Kobler: Oberheim OB-Xa, Roland Juno 106
Lars Jönsson: Yamaha DX7, Roland D-50
SWR Symponieorchester
Leitung: Ilan Volkov

Auftragswerk des Attacca Festivals, Stuttgart

 

3-7 Big Picture (2018/21) 14:22
für Sängerin und Ensemble
3. „J’ai envie de manger tous les gâteaux“
4. Mallsoft
5. Cat Ramen
6. At the rally
7. „I have no strong objection to champagne“

Soetkin Elbers, Gesang
Ensemble Garage: Maruta Staravoitava, Flöte · Andrea Nagy, Klarinette · Frank Riedel, Sopran- und Altsaxofon · Pedro Olite Hernando, Posaune ·
Yuka Ohta, Schlagzeug · Małgorzata Walentynowicz, Klavier/Samples · Akiko Ahrendt, Violine · Eva Boesch, Violoncello
Leitung: Mariano Chiacchiarini

Auftragswerk des Mars Festivals, Los Angeles
 

8 Top (2012/13) 10:05
für Ensemble

Ensemble Interface: Bettina Berger, Flöte · Yuko Fukumae, Klarinette · Sabine Akiko Ahrendt, Violine · Christophe Mathias, Violoncello · Anna D‘Errico, Synthesizer · Agnieszka Koprowska, E-Drums
Leitung: Scott Voyles

Auftragswerk des Ultraschall Festivals, Berlin

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